Marcel Meury aka Mars Alive
Videovoice
Die Photovoice-Methode wurde in den 1990er Jahren von Caroline Wang und Mary Ann Burris entwickelt. Sie entstand im Kontext der partizipativen Aktionsforschung und der Gesundheitsförderung und wurde zunächst mit Fokus auf Frauen in ländlichen Gebieten Chinas eingesetzt. Die Abkürzung VOICE steht für „Voicing Our Individual and Collective Experience”. Photovoice ist eine partizipative Methode, die die Dokumentation visueller Erfahrungen mit dem Prozess des Erzählens verbindet. Erfahrungswissen und Wahrnehmungen, beispielsweise das Erleben sozialer Ungleichheiten, erhalten eine Stimme, werden gemeinsam erfasst und reflektiert und regen so Veränderungsprozesse an. Durch das Fotografieren der eigenen Lebenswelt und die anschliessende Reflexion in Gruppendiskussionen werden alle Beteiligten zu aktiven Co-Forschern. Photovoice fand schnell Anwendung in verschiedenen Bereichen des Gesundheits- und Sozialwesens, da die Methode es ermöglicht, die Perspektiven und Erfahrungen der eigenen Lebenswelt direkt einzubeziehen.
Die Erweiterung von Photovoice zu Videovoice bringt mehrere entscheidende Vorteile mit sich. Während bei Photovoice durch Fotos bereits ein Einblick in individuelle Lebenswelten und subjektive Perspektiven ermöglicht wird, gehen Videos einen Schritt weiter: Sie erlauben es, komplexere Geschichten vielschichtiger zu erzählen und Inhalte dynamischer zu vermitteln. In Videovoice können Beteiligte ihre Lebenswelt nicht nur visuell dokumentieren, sondern mit Ton, Bewegung und Mimik eine vielschichtigere und emotionalere Ausdrucksweise nutzen. Dadurch wird das Gezeigte direkter, da Stimmungen, Sprache und Geräusche das Erleben intensivieren und die Aussagekraft der Beiträge deutlich steigern.
Videovoice ist besonders attraktiv für Jugendliche, da audiovisuelle Medien einen festen Bestandteil ihres Alltags darstellen. Plattformen wie TikTok oder YouTube prägen ihre Kommunikation und ihr kreatives Ausdrucksverhalten. Die Methode Videovoice greift diese Vertrautheit auf und ermöglicht es jungen Menschen, gesellschaftlich relevante Themen durch bewegte Bilder, Ton, Sprache und Musik lebendig zu erzählen. Im Vergleich zur Fotografie, die einen Moment einfängt, schafft Video einen zeitlichen Raum, in dem Emotionen, Stimmungen und Handlungen dynamisch vermittelt werden können. Jugendliche erleben so mehr kreative Freiheit, Authentizität und Sichtbarkeit. Diese Form der partizipativen Medienarbeit fördert nicht nur digitale Kompetenzen, sondern auch Selbstwirksamkeit und Power-Sharing. Für Workshops eignen sich benutzerfreundliche mobile Schnittprogramme wie CapCut, InShot oder KineMaster besonders gut, da Jugendliche ihre Inhalte damit direkt auf dem Smartphone aufnehmen, bearbeiten und teilen können – nah an ihren Lebenswelten und Mediengewohnheiten.
Mein Bestreben ist es, Videovoice in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen zu etablieren und persönliche Erfahrungen und Lebenswelten mit gesellschaftlichen Strukturen und kollektiven Erzählungen zu verbinden.
Im Werkstattatelier werden Fragen der transgenerationalen Weitergabe, der sozialen Herkunft und der Klassenzugehörigkeit sowie deren intersektionalen Diskriminierungsformen behandelt. Dabei geht es nicht nur darum, das eigene Leben zu erzählen, sondern auch darum, wie die eigenen Erfahrungen durch soziale Normen, Klassenunterschiede und historische Bedingungen geprägt sind. Diese Praxis ermöglicht es, individuelle Erfahrungen als Teil eines grösseren gesellschaftlichen Rahmens zu verstehen und persönliche Geschichten zu (re)politisieren. Erfahrungen von Ohnmacht, Trauer, Wut oder Freude können durch Reflexion neu bewertet und anders adressiert werden.
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